Ärztlicher Bereitschaftsdienst: 116 127 - Notruf: 112

Kinderhochschule Medizin 2018 - Teil 3

Buchen & Mosbach | In der dritten Vorlesung der diesjährigen Kinderhoch- schule Medizin zeigte Priv.-Doz. Dr. med. Harald Genzwürker, wie der menschliche Körper die Aufnahme von fester und flüssiger Nahrung verwertet und welche Nährstoffe in Lebensmitteln vorhanden sind.

Im Zentrum der Ausführungen standen die Nieren, die viele Aufgaben wahrnehmen. Eine ganz wichtige Aufgabe ist ihre Funktion als Filter bei der Blutreinigung. Die Nieren sorgen nach dem Filterprozess dafür, dass bei den Stoffwechselprozessen entstehende Abfallprodukte ausgeschieden werden.

Zunächst zeigte der Referent seinen über 100 jungen Hochschülern, wie es der Körper schafft, von aufgenommenem Wasser und Nährstoffen die lebenswichtigen Stoffe von den Abfallstoffen zu trennen und „den Müll“ auf unterschiedliche Weise wieder auszuscheiden. So war auf den Vortragscharts zu sehen, dass mit flüssiger und fester Nahrung folgende wichtige Stoffe in den Körper gelangen: Wasser, Kohlenhydrate, Eiweiß, Fette, Vitamine und Mineralstoffe. Bei dem Verwertungsprozess werden die wichtigen Stoffe über das Blut in die Zellen transportiert und dienen dort zum Aufbau von Muskeln, Hormonen und Enzymen sowie zur Energiegewinnung. Teil des Stoffwechsels ist es auch, Gifte und Abfallstoffe abzusondern und der Ausscheidung zuzuführen.

Für großes Gelächter im Saal sorgte ein Chart, auf dem das Foto eines Elefanten zu sehen war, der „unverdauliche Stoffe mit dem Kot ausschied“. Die auf dem Bild sichtbare Menge eines „Elefantenhaufens“ hätte gereicht, um den Kofferraum einer großen Familienlimousine zu füllen.

Eher zum Staunen als zum Lachen führte dann die Information von Dr. Genzwürker, dass über die Nieren mehrere 1000 Giftstoffe abgesondert und dann über die Harnwege ausgeschieden werden. Bei der offensichtlich gewordenen Bedeutsamkeit der Nieren kam auch die Frage auf, welches denn das „wichtigste Organ“ im menschlichen Körper sei. Die Antwort des Referenten: „Im Körper geht es zu wie im richtigen Leben. Da sind einfach alle wichtig! Wenn ein Organ ausfällt, zieht es zumeist andere Schäden nach sich. Im Körper herrscht also eine sehr gute Teamarbeit. So sollte es auch in der Gesell- schaft sein.“

Die Nieren haben viel zu leisten
Nun ging es an eine genauere Betrachtung der Nieren, ihres Aufbaus und ihrer Arbeit. Die als Paar angelegten Organe befinden sind links und rechts von der Wirbelsäule ungefähr im Bereich der unteren Rippen. Gesunde Nieren sind, je nach Körpergröße des Menschen, zwischen neun und zwölf Zentimeter lang, zwischen vier und sechs Zentimeter breit und zwischen drei und fünf Zentime- ter dick. Sie haben glatte Oberflächen und sind besonders gut durchblutet. Etwa 1800 Liter Blut fließen täglich durch die Nieren.

Um die Filterarbeit der Nieren zu veranschaulichen, zeigte Dr. Genzwürker die wesentlichen Abläufe als filmische Darstellung. Dabei kamen vor allem die sogenannten Glomeruli in den Blick, von denen es an einer Niere 2 Millionen Stück gibt. Es handelt sich dabei um kleine Gefäß- oder Nervenknäule, die sich in der Nierenrinde befinden. Diese Glomeruli wirken als Filter und scheiden weiter verwertbare Substanzen vom Harn, der über die Harnleiter in die Harnblase gelangt. Von dort aus kommt der Harn durch die Harnröhre zur Ausscheidung.

Was passiert, wenn die Nieren nicht mehr funktionieren?
Der folgende Teil des Vortrags beschäftigte sich mit der Frage, was zu tun ist, wenn die Nieren dauerhaft nicht mehr funktionieren. Dabei ging es um schwere Erkrankungen dieser Organe. Solche Erkrankungen führten vor nicht allzu langer Zeit unweigerlich zum Tode, können inzwischen aber durch ein maschinengestütztes Verfahren erfolgreich behandelt werden. Dieses Verfahren nennt sich „Dialyse“ (griechisch „dia- lysis“ – Auflösung bzw. Tren- nung). Dabei übernimmt eine komplizierte, aber sicher funktionierende Apparatur außer- halb des Körpers die Aufgaben der Nieren und sorgt für eine Blutwäsche. Mit dieser Methode, die auch als Nierenersatz- therapie bezeichnet wird, lassen sich überschüssiges Wasser und schädliche Stoffe aus dem Körper entfernen.

Seit fast 100 Jahren Hilfe durch die Dialyse
An den Körper angeschlossene Apparate zur Blutwäsche gibt es fast seit 100 Jahren. Die erste derartige Behandlung wurde 1924 durch den deutschen Mediziner Georg Haas durchgeführt. Sie erfolgte mit einem von Haas selbstgebauten Dialyseapparat aus Glaszylindern und Schläuchen. Die Fachwelt stand diesem Versuch damals sehr skeptisch gegenüber. Aber das Prinzip setzte sich durch, und heute lassen sich in Deutschland ungefähr 100.000 Patienten durch die Dialyse helfen. Viele der jungen Veranstaltungsteilnehmer staunten nicht schlecht, als Dr. Genzwürker berichtete, dass es heutzutage sogar möglich ist, eine Dialyse an Urlaubsorten zu machen, an denen entsprechende Einrichtungen vorhanden sind. Selbst einige Kreuzfahrtschiffe verfügen über solche Möglichkeiten.

1954: Erste erfolgreiche Nierentransplantation
Als weitere Hilfe für chronische nierenkranke Menschen wurde bei dem Vortrag die Transplantation von Nieren genannt. Diese Möglichkeit gibt es seit 1954. Viele Zeitungen berichteten im Jahr 2010 von einem solchen Fall, als der heutige Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier seiner nierenkranken Ehefrau Elke Büdenbender eine Niere spendete. Dabei zeigte sich einmal mehr, dass ein gesunder Mensch mit guter Nierenfunktion eine Niere spenden kann, und die verbleibende einzelne Niere die volle Funktion zweier gesunder Nieren übernimmt. Zahlreiche Finger schnalzten im Mosbacher Ärztehaus in die Luft, als Dr. Genzwürker fragte, wem von den Veranstaltungsteilnehmern etwas zu dem Thema „Organspende“ einfalle. Viele der jungen „Medizinstudenten“ konnten mit diesem Begriff etwas anfangen, und einige berichteten, dass ihre Eltern Organspender seien. Dr. Genzwürker freute sich über diesen Hinweis und betonte die Wichtigkeit dieses Themas. Gleichzeitig stellte er fest, dass die Zahl der Organspender in Deutschland im Jahr 2017 einen neuen Tiefpunkt erreicht habe. Nach Zahlen der Deutschen Stiftung Organtransplan- tation (DSO) gab es 2017 nur noch 797 Spender in Deutschland, der niedrigste Stand seit 20 Jahren. Pro Million Einwohner gibt es damit derzeit in Deutschland nur noch 9,7 Spender. Bei mehr als 10.000 schwerstkranken Patienten, denen mit einer Organtransplantation geholfen werden könnte, bezeichnete Dr. Genzwürker diese Situation als sehr bedenklich. In Spanien waren es im vergangenen Jahr 46,9 Spender pro einer Million Einwohner. Erfreulich ist, dass die deutschen Zahlen im ersten Halbjahr 2018 wieder angestiegen sind.

Ultraschall als wichtiges Untersuchungsinstrument
Abschließend stellte das Referat von Dr. Genzwürker ein Verfahren vor, mit dem nicht nur Nieren und die Harnblase untersucht werden: den Ultraschall, auch als Sonografie bezeichnet. Dieses Verfahren funktioniert mit Schallwellen, die für den untersuchten Menschen unschädlich sind. Deshalb kann der Ultraschall auch bedenkenlos bei Untersuchungen der Schwangerschaftsvorsorge eingesetzt werden.

Das wesentliche Prinzip der Ultraschall-Untersuchung besteht darin, Strukturen durch Schall sichtbar zu machen. Je nach der Art des untersuchten Gewebes wird der Schall einfach „geschluckt“ oder reflektiert. Ein Schallkopf, mit dem der Arzt die Untersuchung durchführt, nimmt diesen reflektierten Schall wieder auf, wandelt ihn in elektrische Signale um und ermöglicht so eine Darstellung des geschallten Objekts auf dem Bildschirm. Als ein bekanntes Beispiel für den Einsatz von Schallwellen in der Natur nannte Dr. Genzwürker die Fledermäuse. Die nachtaktiven Tiere orientieren sich weniger mit ihren Augen als durch den Einsatz des Ultraschalls. Sie geben extrem hohe Laute von sich, deren Echo sie genau wahrnehmen. Auf diese Weise können sie erkennen, wie weit entfernt bestimmte Dinge von ihnen sind.

In der Medizin wurde dieses Verfahren erstmals in den 1940-er Jahren eingesetzt. Seither hat sich das Ultraschall-Verfahren in vielen Aspekten weiterentwickelt. Zum Abschluss zeigte Dr. Genzwürker seinen jungen Studentinnen und Studenten, wie man mittels Ultraschall sehen kann, welchen Weg die Apfelschorle durch die Niere in die Harnblase nimmt. Mit Blick auf eine Ultraschall-Abbildung der Harnblase erfolgte die letzte Frage dieses Vortrags: „Seht ihr, ob die Apfelschorle in der Blase angekommen ist?“ Die letzte Antwort aus vielen Kindermündern: „Jaaa!“

pdfPDF-Download239.09 kB

Quelle: Stadtanzeiger Mosbach | 11. Oktober 2018 | Nr. 41

Klinikstandort Buchen

Dr.-Konrad-Adenauer-Str. 37 | 74722 Buchen
Tel.: +49 6281 29-0 | Fax: +49 6281 29-450

Klinikstandort Mosbach

Knopfweg 1 | 74821 Mosbach
Tel.: +49 6261 83-0 | Fax: +49 6261 83-170