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Handgelenkfrakturen

Mit Handgelenkfraktur ist meist der Bruch der Speiche nahe dem Handgelenk gemeint, also die distale Radiusfraktur. Dieser Bruch zählt zu den häufigsten Verletzungen des Menschen – tatsächlich ist die distale Radiusfraktur die häufigste Fraktur des erwachsenen Menschen (etwa ein Viertel aller Brüche)​. Besonders häufig sind ältere Menschen betroffen (insbesondere Frauen nach der Menopause), da hier Osteoporose die Knochen brüchiger macht und ein Sturz schneller zum Bruch führt​. Aber auch junge Menschen können bei Sport- oder Verkehrsunfällen eine distale Radiusfraktur erleiden, dann meist durch hohe Energie.

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Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie

Entstehung der Verletzung

Der klassische Unfallmechanismus ist ein Sturz auf die ausgestreckte Hand. Typischerweise fällt man vorwärts und versucht, sich mit der Hand abzustützen; das Handgelenk ist dabei oft dorsalextendiert (nach oben überstreckt). Durch die Wucht des Aufpralls bricht die Speiche knapp oberhalb des Handgelenks. In ungefähr 80–90% der Fälle ist die Hand dabei nach hinten geknickt, wodurch ein Extensionsbruch entsteht – historisch auch Colles-Fraktur genannt, mit einem charakteristischen Bajonett- bzw. Gabelstellungen der Hand im Profil​. Seltener (ca. 10–20%) fällt man auf die nach unten gebeugte Hand (palmarflektiert), was einen Flexionsbruch verursachen kann – diese werden manchmal als Smith-Fraktur bezeichnet​. Daneben gibt es Trümmerfrakturen durch axiale Gewalt (z.B. Schlag mit der Faust auf etwas Hartes, sogenannte „Punch-Fraktur“)​. Oft sind auch die Ulna beteiligt, z.B. ein Processus-styloideus-ulnae-Abbruch (Abbruch der Elle am Handgelenk) kommt häufig begleitend vor.

Neben Stürzen im Alltag (ausrutschen, vom Rad fallen) sieht man distale Radiusfrakturen auch bei Sportverletzungen (z.B. Sturz beim Skaten, Snowboarden, Reiten) und Verkehrsunfällen. Bei jüngeren Patienten ist oft eine höhere Energie im Spiel, sodass die Fraktur mehr Trümmeranteile haben kann oder ins Gelenk reicht. Bei älteren Patienten genügt manchmal ein einfaches Stolpern mit Fall auf die Hand, um die Speiche brechen zu lassen – diese sogenannten fragility fractures unterstreichen die Bedeutung der Osteoporose.

Zusammenfassend entsteht die distale Radiusfraktur meist indirekt durch Sturztrauma. Gelegentlich kommen direkte Schläge gegen das Handgelenk vor, was aber selten ist. Da die distale Speiche die meisten Kräfte beim Sturz abfängt, bricht sie am häufigsten; andere Handwurzelknochen (wie das Kahnbein/Scaphoid) können ebenfalls brechen, sind aber nicht Gegenstand dieser Übersicht. Wir fokussieren auf die distale Speichenfraktur, die im Sprachgebrauch oft als „Handgelenksbruch“ bezeichnet wird.

Diagnostik

Klinisch präsentiert sich eine distale Radiusfraktur typischerweise mit Schmerzen und Schwellung rund um das Handgelenk. Häufig ist eine deutliche Fehlstellung erkennbar, vor allem bei klassischen Colles-Frakturen: Die Hand ist gegenüber dem Unterarm nach hinten und zur Daumenseite verschoben, was zu der genannten Bajonett-Stellung führt. Das Handgelenk kann meist nicht mehr schmerzfrei bewegt oder belastet werden; oft hält der Patient den betroffenen Arm mit der anderen Hand gestützt. Wichtig ist die Prüfung von Durchblutung, Motorik und Sensibilität der Hand und Finger (Funktion der N. medianus, ulnaris, radialis), da Schwellung oder Bruchstücke Nerven komprimieren können – z.B. kann ein Kribbeln in den Fingern auf einen Medianusdruck hindeuten (Gefahr eines Karpaltunnelsyndroms akut).

Die Bildgebung erfolgt in erster Linie durch Röntgen des Handgelenks in zwei Ebenen (Handgelenk ap und seitlich). Darauf lässt sich die Fraktur in aller Regel gut erkennen. Beurteilt werden die Bruchlinie(n), die Stellung der Fragmente (Verkippung der Gelenkfläche dorsal oder palmar, Verkürzung der Speiche, Achsabweichungen) und eine eventuelle Gelenkbeteiligung. Auch schaut man, ob die Ulna mitbetroffen ist (z.B. Styloid-Abriß) und ob das distale Radioulnargelenk (DRUG) noch kongruent ist oder eine Ausrenkung vorliegt. In gewissen Fällen wird zur weiteren Diagnostik eine Computertomographie durchgeführt, insbesondere wenn die Fraktur intraartikulär (mit Gelenksbeteiligung) ist und eine Operation geplant wird – die CT zeigt dann Bruchfragmentdetails und Stufenbildung genauer, was für die präoperative Planung hilfreich ist.

Zur Einteilung der Fraktur verwendet man oft die AO-Klassifikation: Die distale Radiusfraktur gehört zur Gruppe 2R3 (Radius, distales Segment)​. Man unterscheidet AO Typ A (extraartikuläre Fraktur, Gelenk nicht betroffen), Typ B (partiell intraartikulär, ein Teil des Gelenks intakt, z.B. absplitternder Gelenkfortsatz) und Typ C (komplett intraartikuläre Fraktur, Gelenkfläche vollständig durchbrochen). Diese werden weiter nach Schwere (einfache, keilförmige, komplexe Fraktur) unterteilt. Etwa die Hälfte aller distalen Radiusfrakturen sind intraartikulär​, was ihre potenzielle Komplexität erklärt. Neben AO ist auch die klassische Einteilung nach Colles (dorsal gekippt), Smith (palmar gekippt) oder Barton's Fraktur (intraartikulärer Radiustrümmerbruch mit Handwurzel-Luxation) gebräuchlich, aber in modernen Leitlinien steht die AO-Klassifikation im Vordergrund.

Gelegentlich sind Begleitverletzungen zu diagnostizieren: Ein Riss der ulnaren Handgelenksbänder oder des TFCC (Diskus am Handgelenk) kann mit einer Speichenfraktur einhergehen, besonders wenn die Ulna ebenfalls verletzt ist​. Solche Bandverletzungen zeigen sich evtl. in der klinischen Untersuchung (instabiles distales Radioulnargelenk, Schmerzen bei Drehung) oder in der Bildgebung (MRT, falls indiziert). In Notfallsituationen steht aber zunächst die knöcherne Fraktur im Vordergrund.

Konservative Behandlung

Die Mehrzahl der einfachen handgelenksnahen Speichenbrüche kann grundsätzlich konservativ behandelt werden, wenn sie nicht oder nur minimal verschoben sind. Die aktuellen Leitlinien (AWMF S2e-Leitlinie Distale Radiusfraktur) empfehlen eine nicht-operative Behandlung in folgenden Situationen: undislozierte stabile Frakturen, oder wenn nach einer geschlossenen Reposition eine weitgehend achsengerechte Stellung erreicht wurde und die Fraktur als stabil eingeschätzt wird, sowie wenn Kontraindikationen gegen eine Operation vorliegen (z. B. schwerwiegende internistische Risiken)​. Auch bei älteren Patienten mit niedrigem Aktivitätsniveau wird eher großzügig ein konservatives Vorgehen gewählt, sofern die Stellung akzeptabel ist, da hier die Vermeidung von Operationsrisiken im Vordergrund steht.

Die konservative Therapie beginnt meist bereits in der Notaufnahme: Nach Schmerztherapie, Reposition (falls nötig) und Anlage eines provisorischen Gipses wird entschieden, ob operiert werden muss oder nicht. Reposition bedeutet, dass ein verschobener Bruch in örtlicher Betäubung oder Kurznarkose durch Zug und Druck eingerichtet wird – z.B. zieht ein Helfer am Oberarm, während der Arzt an der Hand zieht und mit dem Daumen das distale Fragment zurückschiebt​. Dies geschieht sofort, wenn keine OP unmittelbar erfolgen kann, um Weichteilspannung zu vermindern und die Stellung zu verbessern. Nach geglückter Reposition wird ein Unterarm-Gipsverband (meist geschlossen oder mit Schiene) angelegt, der das Handgelenk ruhigstellt – oft in leichter Dorsalextension (ca. 20°) und ulnarer Abduktion, um die anatomische Stellung zu halten​.

Zur definitiven konservativen Therapie wird der Arm dann in einen festen Verband oder Gips gebracht. Üblich ist eine Ruhigstellung für 4 bis 6 Wochen im Unterarmgips​. Manchmal wird zunächst ein gespaltenes Gipslager angelegt und nach 7–10 Tagen, wenn die Schwellung zurückgegangen ist, ein fester zirkulärer Gips gemacht. Wichtig sind regelmäßige Verlaufskontrollen: In der ersten Woche am besten wöchentlich Röntgenkontrollen, um sicherzustellen, dass keine sekundäre Dislokation (Verrutschen) auftritt​. Falls doch, müsste man evtl. doch operieren (Versagen der konservativen Therapie). Während der Gipszeit soll der Patient die Finger und den Ellbogen bewegen, um Thrombosen und Versteifungen vorzubeugen. Nach etwa 4–5 Wochen wird kontrolliert, ob schon knöcherne Heilung erkennbar ist; je nach Befund kann der Gips dann entfernt werden (spätestens nach 6 Wochen). Anschließend beginnt die Physiotherapie, um die durch die Immobilisation versteifte Hand und das Handgelenk wieder beweglich zu machen. Bis zur vollen Belastbarkeit vergehen weitere Wochen: In der Regel rechnet man bei unkompliziertem Verlauf nach ~3 Monaten mit einer wieder uneingeschränkten Belastbarkeit der Hand​. Leichte Alltagsaktivitäten ohne Belastung (z.B. Essen, Schreiben) sind oft schon früher wieder möglich, sobald der Gips ab ist und die Beweglichkeit zurückkommt.

Konservative Therapie ist meistens erfolgreich bei stabilen Brüchen. Allerdings muss man wissen, dass bei verschobenen Brüchen, die einfach reponiert wurden, eine gewisse Rückverlagerung (Redislokation) im Gips auftreten kann – besonders bei komplizierten, instabilen Frakturmuster oder osteoporotischem Knochen. Daher gelten folgende Grundsätze: Ist eine Fraktur auch nach Reposition instabil (etwa wenn Fragmente immer wieder abrutschen) oder die Achsabweichung groß, sollte frühzeitig doch operiert werden​. Andernfalls riskiert man Fehlstellungen, die später die Funktion beeinträchtigen. In der konservativen Therapie kontrolliert man engmaschig, um das rechtzeitig zu erkennen. Wenn nach 1–2 Wochen Gips eine sekundäre Dislokation sichtbar wird, wechselt man meist doch zur Operation.

Während der Gipsruhigstellung kann es hilfreich sein, den Arm hochzulagern (gegen Schwellung) und in den ersten Tagen zu kühlen. Schmerzmittel werden nach Bedarf gegeben. Bei älteren Patienten sollte auf Thromboseprophylaxe geachtet werden, da der Arm ruhiggestellt ist.

Zusammenfassend: Konservativ behandelt man unverschobene oder reponierbare distale Radiusfrakturen, insbesondere bei weniger aktiven oder hochbetagten Patienten, und immer unter sorgfältiger radiologischer Kontrolle der Frakturstellung im Verlauf. Die meisten dieser Brüche heilen in 4–6 Wochen knöchern an, danach beginnt die Mobilisation. Moderne Konzepte betonen auch, dass man die Immobilisationsdauer nicht unnötig verlängern sollte; sobald knöchern Heilung erkennbar ist, muss die funktionelle Übung beginnen, da sonst Finger- und Handgelenkssteifen drohen.

Operative Behandlung

In vielen Fällen ist bei einer distalen Radiusfraktur eine operative Versorgung angezeigt. Absolut erforderlich ist die Operation bei offenen Brüchen (wenn also der Knochen durch die Haut ragt) und bei Frakturen mit Gefäß-Nerven-Verletzungen oder einem drohenden Kompartment-Syndrom (erhöhtem Gewebedruck)​. Auch eine nicht reponierbare Fehlstellung – wenn es also nicht gelingt, den Bruch durch Zug und Druck ins Lot zu bringen – stellt eine unmittelbare OP-Indikation dar​. Darüber hinaus gibt es dringliche Indikationen innerhalb weniger Tage: nach Leitlinie sollte spätestens am Unfalltag oder in den ersten 7 Tagen operiert werden, wenn eine Fraktur intraartikulär disloziert ist (selbst wenn Haut zu, aber Gelenkspalt durch Stufe gestört), bei stark dislozierten Flexionsfrakturen (palmar gekippt, sog. Smith-Bruch), oder wenn im Gipsverband doch noch eine sekundäre Fragmentverschiebung auftritt​. Ebenfalls erwogen wird die OP bei Frakturen, bei denen aufgrund von Osteoporose eine konservative Haltung wahrscheinlich versagen würde, oder auf ausdrücklichen Patientenwunsch, wenn dieser eine schnellere Rehabilitation anstrebt​. Kurz gesagt: Immer wenn die anatomische Stellung erheblich vom Normalen abweicht – z.B. Gelenkstufe > 2 mm, Verkürzung der Speiche > 5 mm, Abkippung > 20° – oder die Fraktur instabil ist, rät man zur operativen Stabilisierung, um Spätfolgen zu vermeiden.

Die heutzutage häufigste Operationsmethode bei distaler Radiusfraktur ist die winkelstabile Plattenosteosynthese. In den meisten Fällen wird eine palmare Radiusplatte (an der Beugeseite des Handgelenks) eingesetzt, da diese Lage ergonomisch günstig ist und die Platte dort unter den Beugemuskeln liegt, wo sie weniger stört. Über einen Schnitt an der Beugeseite des Handgelenks wird der Speichenbruch freigelegt, die Fragmente unter Sicht exakt reponiert (gerichtet) und dann die Platte mit Schrauben fixiert. Winkelstabile Schrauben greifen in die Platte so, dass sie ein starres Konstrukt bilden und das Gelenkfragment halten. Dieses Verfahren ermöglicht eine sehr stabile Fixierung auch bei osteoporotischem Knochen, da die Last sich auf Platte und Schrauben verteilt. Häufig lassen sich selbst Trümmerfrakturen damit wieder ausrichten. Man achtet darauf, die Gelenkfläche wieder möglichst glatt herzustellen – eventuell werden kleine freie Gelenkstückchen mit Draht gehalten oder mit speziellen kleinen Schrauben fixiert. Sollte ein Fragment z.B. das Processus styloideus ulnae abgebrochen sein und das distale Radioulnargelenk instabil machen, wird auch dieses ggf. mit einer kleinen Schraube oder Naht refixiert.

Eine andere Operationsmöglichkeit ist die perkutane Kirschner-Draht-Fixierung (Spickdrahtosteosynthese). Diese wird vor allem bei einfacheren Brüchen ohne große Trümmerzone angewandt, oder bei Kindern. Dabei wird der Bruch geschlossen reponiert und anschließend durch die Haut mit dünnen Drähten „durchbohrt“, die die Fragmente fixieren. Oft kommen zwei Drähte im Kreuz oder parallel zum Einsatz, die im Knochen verankert sind. Dies stabilisiert die Fraktur ausreichend, muss aber meist mit einem Gips kombiniert werden, da Drähte allein weniger stabil sind als Platten. Vorteil ist die geringe Invasivität und kurze OP-Zeit; Nachteil ist, dass die Drähte durch die Haut austreten und ein Infektionsrisiko und Komfortproblem darstellen können, und die Stabilität begrenzt ist, weshalb diese Methode heute nur mehr sehr selten Anwendung findet.

Für sehr instabile, komplexe Frakturen mit massiver Trümmerzone, oder wenn schwere Weichteilschäden vorliegen (z.B. große Abschürfungen, Schwellung), kann ein Fixateur externe angewandt werden. Dabei werden Pins in den Knochen oberhalb und unterhalb der Fraktur eingebracht und außerhalb des Körpers mit starren Stangen verbunden, um das Handgelenk in Länge und Achse zu halten. Ein Fixateur kann notfallmäßig als Übergangslösung dienen (Damage-Control-Orthopädie), bis eine definitive Versorgung erfolgt, oder auch als endgültige Behandlung bei sehr zersplitterten Brüchen. Oft kombiniert man den Fixateur mit zusätzlichen Kirschner-Draht-Fixierungen der Fragmente (das nennt man dann „Bridging External Fixation“ mit Zusatzfixation).

Bei intraartikulären Trümmerfrakturen, insbesondere wenn das Radiocarpalgelenk (Handgelenk zwischen Speiche und Handwurzel) betroffen ist, kann in seltenen Fällen eine primäre Teilversteifung oder Ersatzoperation nötig werden. Das ist aber äußerst selten beim distalen Radius – in der Regel gelingt die Rekonstruktion mit Platten und Schrauben.

Insgesamt ist die palmare Plattenosteosynthese heute das Mittel der Wahl bei den meisten distalen Radiusfrakturen, da sie eine stabile Fixation und damit eine frühfunktionelle Nachbehandlung erlaubt. Die Operation dauert etwa 30–60 Minuten und hat hohe Erfolgsraten. Die Risiken der OP sind unter anderem Infektion, Verletzung von Nerven (etwa R. superficialis n. radialis) oder Sehnen (Beugesehnen können selten durch die Platte irritiert werden), sowie das Auftreten eines postoperativen Komplexen regionalen Schmerzsyndroms (CRPS) – Letzteres ist allerdings auch nach konservativer Behandlung möglich und erfordert frühzeitige Ergotherapie und Schmerztherapie, falls es auftritt​. Um das CRPS-Risiko zu minimieren, werden unnötige Repositionsmanöver vermieden​ und auf zügige Mobilisation nach der Versorgung geachtet.

Ist die Fraktur versorgt, überprüft man in der Durchleuchtung oder Bildgebung die Stellung. Bei operativen Fällen wird oft schon am nächsten Tag eine Röntgenkontrolle gemacht, und nach 6 Wochen und 3 Monaten erneut, um die Heilung zu verfolgen.

Nachbehandlung

Die Nachbehandlung einer distalen Radiusfraktur hängt von der Art der Therapie ab.

Konservativ: Wenn der Bruch im Gips behandelt wurde, bleibt der Gips wie erwähnt etwa 4–6 Wochen. In dieser Zeit werden Finger und Ellbogen bewegt, aber das Handgelenk ist immobilisiert. Nach Gipsabnahme ist das Handgelenk typischerweise steif, die Muskulatur etwas geschwächt. Die Nachbehandlung besteht dann aus Physiotherapie und Ergotherapie (Handtherapie), um Beweglichkeit und Kraft zurückzugewinnen. Oft ist anfangs nur eine eingeschränkte Bewegung möglich, insbesondere die Beugung/Streckung und Drehung des Unterarms müssen geübt werden. Durch aktive und passive Mobilisation verbessert sich dies über einige Wochen. Eine Hilfsmanschette oder ein abnehmbarer Stützverband können zur Unterstützung getragen werden, ist aber nicht zwingend. Nach ca. 3 Monaten sollte bei unkompliziertem Verlauf die vollständige Belastbarkeit wieder erreicht sein​. Dennoch kann es sein, dass leichte Bewegungseinschränkungen oder Kraftminderungen noch bis zu 6–12 Monate nach dem Bruch spürbar sind – gerade bei älteren Patienten. Wichtig ist auch die Prophylaxe von Fingersteife und Schultersteife während der Immobilisation: Deshalb übt der Patient schon während der Gipszeit fleißig mit den freien Gelenken. Eventuell auftretende Schwellungen der Hand nach Gipsabnahme werden durch Lymphdrainage und Hochlagern behandelt. Insgesamt gilt: Geduld und Übung – das Handgelenk erholt sich meist gut, aber es braucht aktives Training.

Operativ (Plattenosteosynthese): Hier strebt man eine frühfunktionelle Nachbehandlung an. Meist wird postoperativ lediglich ein weicher Verband oder eine Unterarmschiene für wenige Tage bis 2 Wochen angelegt, vor allem zum Schutz der Wunde. Wenn die Platte fest sitzt (und das tut sie in aller Regel), darf das Handgelenk bald mobilisiert werden. Oft beginnt man bereits unmittelbar nach der Operation mit Physiotherapieübungen für das. Die ersten 2 Wochen soll der Patient das Handgelenk in Ruhe noch schonen (d.h. keine Last tragen, nicht abstützen), aber Bewegung ohne Belastung ist erlaubt und erwünscht, sobald die Wundschmerzen es zulassen. Eine Mitbewegung im Schmerzfreien Bereich ist das Ziel. Nach etwa 2 Wochen werden die Fäden gezogen; zu diesem Zeitpunkt kann man in der Regel schon eine erhebliche Verbesserung der Beweglichkeit feststellen, wenn früh geübt wurde. Schienen: Manche Ärzte verordnen eine abnehmbare Kunststoffschiene, die zwischen den Übungseinheiten getragen wird, um dem Patienten Sicherheit zu geben – besonders nachts oder beim Gehen draußen (damit er bei einem weiteren Sturz nicht gleich wieder auf die verletzte Hand fällt). Diese Schiene kann z.B. für insgesamt 4–6 Wochen intermittierend genutzt werden. Ab der 3.–4. Woche post OP darf meist frei bewegt werden, inkl. endgradige Bewegungen, sofern es keine Komplikationen gibt. Kraftbelastung bleibt allerdings weiterhin limitiert: leichte Haushaltsverrichtungen sind erlaubt, aber Heben schwerer Gegenstände ist tabu. Ab der 6. Woche wird oft ein Röntgenbild gemacht – zeigt es knöcherne Heilung, darf schrittweise mit Belastung begonnen werden. Typischerweise steigert man die Belastung in Woche 7–8 vorsichtig (z.B. leichte Stützbewegungen, kleine Gewichte in der Hand). Größere Belastungen oder Sport (z.B. Tennis, Mountainbiken) sollten erst ab 12 Wochen erfolgen, wenn sicher Knochen konsolidiert ist und auch die Weichteile sich erholt haben​. Dank der stabilen Plattenversorgung erreichen viele Patienten schnell wieder eine gute Funktion: Bereits nach 3 Monaten sind Alltagsaktivitäten in der Regel voll machbar, Sport je nach Art nach 3–6 Monaten.

Operativ (Fixateur externe / Drähte): Hier variiert es etwas: Mit Fixateur externe bleibt das Gestell meist 6–8 Wochen am Arm. In dieser Zeit kann man Finger, Ellbogen und eingeschränkt auch das Handgelenk (meist in einem kleinen Ausmaß, da der Fixateur das Gelenk überbrückt) bewegen – oft erlaubt der Fixateur aber nur minimale Handgelenksbewegung, da er ja fixiert. Nach Entfernen des Fixateurs muss intensiv mobilisiert werden. Bei K-Draht-Fixation ohne Platte wird in der Regel auch ein Gips zur Ruhigstellung angelegt, daher ähnelt die Nachbehandlung eher der konservativen: nach Draht- und Gipsentfernung (meist nach ~4–5 Wochen) wird mobilisiert. Man muss bei Drähten auch die Infektionsgefahr beachten: sollten Drähte sichtbar aus der Haut ragen, hält man den Bereich sauber und beobachtet Rötungen, um notfalls frühzeitig Drähte zu entfernen.

Hinsichtlich Komplikationsprophylaxe: Sowohl bei konservativen als auch operativen Fällen achtet man auf Symptome eines Medianus-Drucks (Karpaltunnelsyndrom) – bei Bedarf kann frühzeitig eine operative Spaltung des Karpaltunnels erfolgen, vor allem wenn Schwellungsdruck da ist. Auch wird bei Operationsfällen der Verband nicht zu eng angelegt, um ein Compartment-Syndrom zu vermeiden. Die Fingerübungsbehandlung beugt einem CRPS vor. Bei Risikopatienten gibt man evtl. Vitamin-C für einige Wochen, was in manchen Studien CRPS-Raten senkte.

Insgesamt ist die Prognose der distalen Radiusfraktur gut. Insbesondere jüngere Patienten erlangen häufig wieder volle Funktion. Bei älteren Patienten kann eine leichte Fehlstellung (z.B. minimale Achsknickung oder geringfügig eingeschränkte Beweglichkeit) zurückbleiben, was jedoch im Alltag oft kaum stört. Wichtig ist, dass die Patienten im Anschluss an die Fraktur – vor allem wenn diese osteoporosebedingt war – auch hinsichtlich Knochendichte beraten werden, um zukünftigen Brüchen vorzubeugen. Hier kommen die Leitlinien zur Osteoporosetherapie ins Spiel (Calcium/Vitamin D, ggf. spezifische Osteoporosemedikamente).

Zusammengefasst: Die Nachbehandlung bei Handgelenksfrakturen erfordert Immobilisation bis zur knöchernen Heilung (bei konservativer Therapie im Gips, bei stabiler Osteosynthese nur kurzzeitig in Schiene) und dann rasche Mobilisation mit physiotherapeutischer Unterstützung. Das Ziel ist die Wiederherstellung der vollen Handgelenksbeweglichkeit und Kraft. Patienten werden angehalten, aktiv mitzuwirken und geduldig zu sein – denn auch wenn die Knochen nach einigen Wochen heilen, kann die vollständige Funktion und Schmerzfreiheit erst nach einigen Monaten erreicht sein. Eine Entfernung der Platte ist meistens nicht notwendig und wird nur bei störendem oder schmerzhaftem Implantat empfohlen.

Bitte beachten Sie: Der digitale Gesundheitslotse ersetzt keine ärztliche Diagnose, sondern dient lediglich zur ersten Orientierung!

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